Immer wieder liest man von Initiativen, die mithilfe von Legosteinen ihr Stadtviertel (etc.) rollstuhlgerechter machen wollen. Fröhlich bunt für Inklusion -super, oder?
Einen kritischen Blick darauf wirft inzwischen Raul Krauthausen, Aktivist für Inklusion behinderter Menschen und selbst Rollstuhlfahrer. Dieser sehr lesenswerte Artikel von ihm macht deutlich, warum
wir es uns leider nicht so einfach machen können und warum ein Abbau von Barrieren eigentlich kein Grund zum Feiern ist.
Auch über ein Interview mit Raul Krauthausen bin ich über das Konzept der sogenannten "Persönlichen Zukunftsplanung" gestoßen. Grundidee des Ansatzes ist es,
dass sich benachteiligte Menschen, speziell solche mit Behinderung, mit ihrer Peer-Group (Familie, Freunde, ...) ein Ressourcen-Netzwerk etablieren, das sie darin unterstützt, Barrieren aller Art
zu bewältigen (oder vielleicht sogar abuzbauen). Dabei gilt dann erst einmal "geht nicht, gibt's nicht!" - alle Wünsche und Pläne, die für die betroffene Person aufgrund ihrer Behinderung (oder
anderweitigen Benachteiligung) eine Herausforderung darstellen, werden in der Gruppe untersucht: Was bräuchte es, um die Barrieren zu bewältigen - und wie schaffen wir das mit unseren
gemeinsamen Ressourcen? Dieser Ansatz ist im Grundgedanken so einfach wie logisch und er ermöglicht, dass betroffene Personen wirklich als Individuen wahrgenommen werden, statt auf
Pauschallösungen zur Inklusion zu setzen.
Vermutlich spricht mich der Ansatz auch deshalb so an, weil ich selbst in klassistischen Strukturen (aka. "soziale Benachteiligung") aufgewachsen bin und schon oft darüber nachgedacht habe, wie
bedenklich es eigentlich ist, dass bei diversen Herausforderungen in meiner persönlichen Entwicklung sehr schnell gesagt wurde "Das geht eben nicht." oder einfach beschlossen wurde, dass das
nicht das Richtige für mich sei, statt zu überlegen "Okay, hier gibt es Schwierigkeiten - was braucht es, um diese zu bewältigen, ohne das Ziel (komplett) aufzugeben?". Der Ansatz ist also nicht
nur für Menschen mit Behinderung hilfreich, sondern für viele (strukturell) benachteiligte Menschen - oder, genaugenommen, eigentlich für alle?
Trotzdem gilt hier, was auch für die Legorampen gilt: Wir dürfen uns nicht darauf ausruhen, es gilt weiterhin, vorhandene Barrieren gezielt abzubauen, und nicht nur auf eine individuelle
Überwindung zu hoffen.
Auf dem Weg dahin können aber die Methoden der Persönlichen Zukunftsplanung eine gute Hilfe sein. Auch für meine theaterpädagogischen Angebote, auf deren Rahmenbedingungen ich in der Regel nur
bedingt Einfluss habe, kann ich mir hier einiges abgucken, wenn es darum geht, vorhandene Barrieren zumindest für Einzelpersonen überwindbar zu machen.
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